ANHÖRUNG IM LANDTAG: KLIMAZIELE 2030 – WAS DIE LANDNUTZUNG LEISTEN KANN

Hitzesommer, Dürre oder Starkregen. Was viele Klimaexperten seit langem prophezeien, erleben inzwischen immer mehr Menschen hautnah am eigenen Leib. Der Klimawandel ist real und ein „Weiter so“ ist keine Option mehr.

Die grüngeführte Landesregierung hat deshalb bereits 2013 das „Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes in Baden-Württemberg“ auf den Weg gebracht. Derzeit wird an der Fortsetzung des Klimaschutzgesetztes und dem dazugehörenden Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept (IEKK) gearbeitet und eine Treibhausgasminderung von mindestens 42 Prozent gegenüber 1990 bis zum Jahr 2030 angestrebt.

Die Landnutzung ist, wie kaum ein anderer Bereich, vom Klimawandel betroffen, muss allerdings ebenfalls einen eigenen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Das IEKK sieht als „Sektorenziel“ für die Landwirtschaft eine Reduktion der Treibhausgasemissionen von 42 Prozent bis 2030 vor.  Um mögliche Anpassungsstrategien an den Klimawandel und den Beitrag zum Klimaschutz zu diskutieren, hat die Fraktion GRÜNE im Landtag von Baden-Württemberg am Dienstag am 16. Juli zu dem öffentlichen Fachgespräch „Klimaziele 2030 – Was die Landnutzung leisten kann“ in den Landtag nach Stuttgart eingeladen.

Vor etwa achtzig Interessierten diskutierten Vertreter*innen aus der Wissenschaft, Praktikern*innen und Vertreter*innen aus der Politik im Landtag, welchen Beitrag Landnutzung und Ernährung zum Klimaschutz leisten können.

Panel Ernährung

Was kann die Ernährung zum Klimaschutz beitragen?  Darüber diskutierte die Expert*innenrunde mit dem ernährungspolitischen Sprecher Martin Grath. Schnell wurde klar: „Ein ‚weiter so wie bisher‘ darf keine Option sein, denn ohne eine wirkliche Ernährungswende werden wir die Klimaziele nicht erreichen“, betont Grath.

Wenn wir die Welternährung weiter sichern wollen, wird eine radikale Änderung der Ernährungsgewohnheiten unablässig sein, insbesondere beim Verhältnis tierischer und pflanzlicher Lebensmittel. Das bedeutet nichts anderes als einen neuen und gesunden Speiseplan, der Menschen und unseren Planeten rettet und den der Eat-Lancet-Bericht zu Anfang dieses Jahres vorgeschlagen hatte.

Entscheidende Kriterien für eine CO2-effiziente Produktion von Lebensmittel und Ernährung sind Regionalität, Saisonalität und ökologischer Anbau. Die schnellste und einfachste Maßnahme im Ernährungsbereich, um CO2 einzusparen, ist aber Reduktion der Lebensmittelverschwendung, bei der neben der Stärkung der Konsumbildung auch die Digitalisierung mehr genutzt werden sollte, so das Ergebnis der Runde.

„Das Gute bei dem Thema Klimaschutz und Ernährung ist, dass jeder sofort beim nächsten Einkauf oder Essen damit anfangen kann. Denn letztendlich bestimmen die Verbraucherinnen und Verbraucher über ihre Wahl, was und wie die Landwirtschaft auf ihren Flächen anbaut“, betont Martin Grath.

Panel Forstwirtschaft

Unter der Leitung von Reinhold Pix wurde im Panel „Forst“ intensiv über den Wald in Zeiten des Klimawandels diskutiert. Alle Experten waren sich dabei einig, dass nur ein intaktes Waldökosystem in der Lage ist, seine Funktion als Kohlenstoffsenke dauerhaft auszuüben. Durch die dramatischen Schadereignisse, wie Trockenheit und Schädlingsbefall, kommt es jedoch derzeit zu einem massenhaften Ausfall von Bäumen. Dadurch nimmt das Speicherpotential des Waldes ab, im Extremfall kann der sterbende Wald sogar zum Nettoemittenten von CO² werden.

Allen Beteiligten waren außerdem der Meinung, dass die Störungsanfälligkeit der Ökosysteme nur durch den zügigen und konsequenten Waldumbau hin zu stabilen und naturnahen Mischwälder gelingen kann. Auch die Holznutzung wird vor dem Hintergrund des Klimawandels zukünftig an Bedeutung gewinnen. Während bei der energetischen Nutzung von Holz die gespeicherten Treibhausgase kurzfristig freigesetzt werden, kann durch die wiederholte Holznutzung (Kaskadennutzung) Kohlenstoff langfristig in den Holzprodukten gespeichert werden.

Panel Landwirtschaft

Beim Fachgespräch „Klimaziele 2030“ haben sich im Handlungsfeld „Landwirtschaft nach den Beiträgen der eingeladenen Referent*innen unter den Teilnehmer*innen vor allem zwei Schwerpunktthemen herauskristallisiert. Ein wichtiges Ergebnis war die besonders große Bedeutung des Moorschutzes. Moore sind wirksame Kohlenstoffspeicher innerhalb der Landökosysteme und leisten einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz. „Moorböden sind riesige Kohlenstoffspeicher. Wenn wir sie trockenlegen, setzen wir Treibhausgase frei“, sagt Martin Hahn MdL, agrarpolitischer Sprecher der GRÜNEN Fraktion.

Deutlich wurde zudem, dass es einer flächengebundenen Tierhaltung bedarf, um Stickstoffüberschüsse zu vermeiden. „Stimmt die Anzahl der Weidetiere mit der auf dem Betrieb zur Verfügung stehenden Futterfläche überein, verhindert das eine Überdüngung“, betont Martina Braun MdL, die Sprecherin für Ländlichen Raum. So kann ein umweltverträglicher Nährstoffkreislauf gewährleistet werden.

Gleichzeitig fördert eine fachgerechte Weidehaltung die Humusbildung auf den Wiesen und damit die Kohlenstoffbindung, insbesondere im Vergleich zur Mahd. Wenn die Tiere nahezu ausschließlich mit Gras, Heu und Silage von unseren Wiesen gefüttert werden, können die von den Wiederkäuern verursachten Treibhausgase durch den Grünlanderhalt wieder ausgeglichen werden.

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