Fachkräftemangel im Bausektor

Werte, Anerkennung und Berufung: Das Bauhandwerk hat einiges zu bieten.

Fachgespräch zum Thema Fachkräftemangel im Bauhandwerk im Stuttgarter Landtag.

Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und die nachhaltige Umwandlung des Bau- und Gebäudesektors sind wichtige Ziele des Koalitionsvertrags zwischen Grünen und CDU. Diese können ohne geeignete Fachkräfte im Bauhandwerk nicht umgesetzt werden. Die Realität zeigt jedoch: Es gibt mehr und mehr Studierende, während die Zahl der Auszubildenden sinkt. Durch mangelnden Nachwuchs stehen viele Betriebe im Handwerk in den kommenden Jahren auf der Kippe, denn es gibt keine Nachfolger*innen für die Unternehmen. Bundesweit suchen etwa 250.000 Handwerksbetriebe in den kommenden Jahren neue Betriebsinhaber*innen.

Das Bauhauptgewerbe in Baden-Württemberg weist derzeit in 52,5% der Betriebe offene Stellen auf. Dabei haben 81,3% der Betriebe Schwierigkeiten bei der Suche nach ausgelernten Fachkräften.

Martin Grath, Barbara Saebel und Martina Häusler waren daher im April Veranstalter eines Fachgesprächs zu diesem Thema. Ziel war es, die Schwierigkeiten der Betriebe zu erkennen und über Best-Practice Beispiele und mögliche Unterstützungsmaßnahmen seitens der Politik zu diskutieren.

Fünf Referent*innen aus der Praxis gaben anregende Beispiele, Berichte und Impulse aus ihrem Erfahrungsschatz.

Hansjörg Ludwig, Vorstand der Elektro-Innung Rems-Murr begann den Reigen  mit einem guten Überblick über die Ist-Situation im (Bau-)Handwerk an.

Bernd Jäger von JaKo Baudenkmale berichtete über die gerade entstehende Kooperation „Baumeisterakademie“ mit der Uni Stuttgart. Er machte deutlich, dass das Handwerk jungen Menschen Spaß machen muss und dass es dann sogar eine Berufung sein kann.

Dass das Handwerk wichtige Werte für das Zusammenleben vermittelt, zeigte der Projektentwickler Willi Sutter. Er erzählte von seiner Firma DomiZiel, die ehemalige Wohnsitz- und Arbeitslosen als Mitarbeitende einstellte. Es sei wichtig, die Mitarbeiter*innen als Menschen mit eigenen Hintergründen und Geschichten zu sehen, so Sutter.

Ulrike C. Monz, die einen Familienbetrieb für Hoch- und Tiefbau in Heidenheim leitet, konnte aus ihren Erfahrungen als Selbständige berichten. Ihr Ansatz: Die Politik muss Gründerinnen und Gründer unterstützen und ermutigen. Die Selbständigkeit sei durch die Flexibilität gerade für Frauen oftmals die beste Möglichkeit, in der freien Wirtschaft die Herausforderungen durch Beruf und Familie zu vereinen.

Michael Nanz von der Technischen Akademie Schwäbisch-Gmünd stellte die Wissenswerkstatt Gmünder Eule vor, die durch Aktionen wie einen wöchentlichen Girlsday und die sogenannte Straße der Berufe Jugendliche für technische und handwerkliche Berufen begeistern möchte.

Thomas Hetzel, Inhaber der Ingenieurgesellschaft Hetzel kennt die Problematik des Fachkräftemangels sehr gut aus eigener Erfahrung. Nachdem sich bei ihm die Suche nach Mitarbeiter*innen lang schwierig gestaltete, verbesserte sich diese Situation durch eine Kooperation mit der Gmünder Eule deutlich. Besuche von Fachmessen im osteuropäischen Ausland brachten einige Bewerber nach Schwäbisch Gmünd.

In Diskussions- und Fragerunden kam es anschließend zu angeregten Gesprächen und aus dem Publikum wurden weitere Beispiele und Ansätze aufgezeigt.

Die Abgeordneten zeigten sich von der Kreativität und von den Ideen berührt, die bereits existieren. Der Nachmittag zeigte: Mehr gesellschaftliche und politische Anerkennung für das Bauhandwerk, eine bessere Vernetzung von Betrieben unterschiedlicher Gewerke, Unterstützung bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt und das Ansprechen von Eltern und Lehrer*innen sind wichtige Bausteine für die Fachkräftegewinnung im Bauhandwerk.

Das Problem des Fachkräftemangels ist nicht neu und der Weg zu einer Verbesserung der Situation ist lang. Das Fachgespräch gilt somit als Auftaktveranstaltung einer Reihe von Gesprächen, Veranstaltungen und Initiativen.