Realitätscheck vor Ort: MdL Martin Grath holt sich Expertise bei Heidenheimer Wirtschaft

Gemeinsam mit der Grünen Bundestagsabgeordneten Dr. Sandra Detzer tourte der Landtagsabgeordnete und handwerkspolitische Sprecher der Grünen Fraktion drei Unternehmen in seinem Heimatwahlkreis Heidenheim und suchte bewusst den Austausch mit Industrie und Handwerk.

MdL Martin Graths Tour durch seinen Heimatwahlkreis mit der Parteikollegin aus Berlin zeigt: In diesen unruhigen Zeiten sind Politikerinnen und Politiker — ob lokal, national oder international — auf die Expertise der Wirtschaft angewiesen. Der Realitätscheck bei der Schreinerei Grüner in Gerstetten und den beiden Heidenheimer Unternehmen Edelmann Group Verpackungen und Paul Hartmann AG bewies einmal mehr, wie existenziell die enge Abstimmung zwischen Politik und Wirtschaft ist, um die besten politischen Entscheidungen zu treffen– gerade in dieser neuen Welt.

Wie der Schreiner –  löst Energieversorgungssorgen und Lieferengpässe – keiner

Die Wahlkreistour begann bei der Grüner GmbH, Möbelinnenausbau – Innenarchitektur in Gerstetten. Das traditionsreiche Unternehmen in vierter Generation entwirft, plant und installiert individuelle Einrichtungen. Die Abhängigkeit von importiertem Gas ist hier gering. Der mittelständische Handwerksbetrieb plant die Erneuerung der bestehenden Pelletheizung, die selbstgepresste Holzabfälle aus der hauseigenen Produktion verbrennt. „Hier sehen wir modernes, nachhaltiges Handwerk in Action“, würdigt MdL Martin Grath. Mit großem Interesse erfuhr Grath bei der Betriebsbesichtigung zudem, dass in der Gerstettener Schreinerei immer mehr Studienabbrecher eine handwerkliche Ausbildung anfangen. „Der Fachkräftemangel im Handwerk bedroht die Zukunft unserer heimischen Betriebe“, gibt Grath zu bedenken. „Je mehr kluge Köpfe, auch mit Abitur, wir jetzt ins Handwerk holen können, desto solider sind Betriebe, die auch in Zukunft noch vor Ort produzieren und reparieren,“ so Grath.

Als diesjähriger Vorsitzender der Wirtschaftsjunioren Ostwürttemberg liegt das Thema Fachkräftemangel auch Geschäftsführer David Grüner am Herzen: Handwerksmeisterinnen und -meister suchten heutzutage eine Work-Life-Balance und Zeit für die eigene Familie. Eine Erwartung, die für Selbstständige kaum mehr realistisch sei. 

Lieferschwierigkeiten sind ein weiteres, für produzierende Betriebe exemplarisches, Problem. Anstatt abzuwarten, packte Grüner sofort an: Um seine Aufträge erfüllen und seine Kunden zufriedenstellen zu können, schaffte er sich Container an, um die Lagerkapazität zu erhöhen. Längst könne er nicht mehr alles einfach auf Termin bestellen. Er benötigte aber Ware, wie zum Beispiel Geschirrspüler; Kühlschränke und Öfen, um seine Aufträge termingerecht zu erfüllen.

„Eines der größten Probleme im Alltag der Schreinerei Grüner habe allerdings weniger mit Globalisierung oder Materialengpässen auf dem Markt zu tun, sondern sei ein spezifisch lokales Problem. In Gerstetten sei die Internetverbindung derart lahm, dass Innenarchitekten ihre Entwürfe und Pläne nicht virtuell mit ihren Kunden teilen und besprechen können. Stattdessen müssten Designer und Planer die Daten vorab an den Kunden per E-Mail senden und dieser muss die Zeichnungen dann virtuell für eine gemeinsame Besprechung teilen. Ein völlig anachronistischer Notbehelf. „Leute wie David Grüner, die mit Leib und Seele Handwerker sind, finden immer eine Lösung“, sagt Martin Grath voller Respekt. Doch so werde das nichts, mit der nachhaltigen Innovation in „THE LÄND“. „Ich nehme mein Augenmerk nicht von den Handwerkern, die derart um Ressourcen kämpfen müssen“, verspricht der handwerkspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg. „In dieser neuen Welt müssen sich Politik und Wirtschaft eng abstimmen, um wirklich zu den besten politischen Entscheidungen zu kommen,“ stimmt ihm Dr. Sandra Detzer zu, die auf Bundesebene im Wirtschaftsausschuss und im Finanzausschuss sitzt. „Und die Anstöße beginnen meist hier – auf lokaler Ebene.“ 

Dominoeffekt in der Systemrelevanz: Ohne Verpackung keine Medikamente

Die Grünen Parteikollegen und ihre Delegation führten mittags ihre Tour bei der Edelmann Group fort. Auch beim Heidenheimer Verpackungshersteller kam das Gespräch schnell auf die Themen Fachkräftemangel und Lieferschwierigkeiten. Und wenn das Gas knapp wird, wird die Werkhallen zu heizen das kleinere Problem sein. Viel schlimmer: Zulieferer werden die notwendigen Materialien nicht mehr liefern können. „Zellstoffknappheit und hohe Gaspreise führen dazu, dass wir unter Umständen nicht mehr genügend Rohkarton geliefert bekommen“, erklärt Dr. Frank Hornung. Warum die Situation des deutschen Verpackungsherstellers besonders brisant ist? „Wir sehen uns als systemrelevant, denn ohne Verpackung und Beipackzettel wird auch kein Medikament mehr ausgeliefert“, so der CEO der Edelmann Group. Die Pharmaindustrie ist heute einer der größten Abnehmer des 1913 in Heidenheim gegründeten Unternehmens. „Wie weit dieser Dominoeffekt tatsächlich in die Systemrelevanz hineinreicht, wurde uns heute noch einmal sehr klar“, sagt MdL Martin Grath, dankbar für die neuen Perspektiven. „Wir nehmen wichtige Impulse und auch Handlungsaufträge für die Politik aus unserem Gespräch mit.“

Hartmann will Energieversorgung stärker selbst in die Hand nehmen, wird aber in Deutschland bei Solaranlagen gebremst 

 

Am späten Nachmittag folgten Martin Grath und sein Gast aus Berlin der Einladung der Paul Hartmann AG in Heidenheim. Bürokratische Vorschriften und fehlende Zertifizierung bremsen den Medizin- und Pflegeproduktehersteller in den Investitionen für autonome Stromversorgung. „Wenn wir unsere Klimaschutzziele schaffen wollen, muss die Politik vorausschauende Unternehmen, die eigenhändig erneuerbare Energien nutzen wollen, unterstützen, nicht ausbremsen“, kritisiert Grath die momentanen gesetzlichen und bürokratischen Hindernisse. Die extrem langen Wartezeiten auf Zertifizierung seien vergeudete Zeit und könnten Unternehmen abschrecken, in der Energieversorgung Eigeninitiative zu ergreifen. 

Hartmann habe bereits ein Konzept in Umsetzung, das den Konzern schon im nächsten Jahr weitestgehend unabhängig von russischem Gas machen würde. „Wir haben Lösungen über LPG Tanks, alternative Energiequellen und Produktionsumstellungen gefunden, mit denen wir innerhalb eines halben Jahres weitestgehend unabhängig von Gaszuteilungen wären“, sagt CEO Britta Fünfstück. Die ausgebildete Physikerin ist sich ihrer Verantwortung für mehrere tausend Mitarbeiter und deren Familien sowie für Hartmanns Kunden und deren Patienten mehr als bewusst. Aber auch ihrer Hebelwirkung. „Wir machen’s vor, dafür wünschen wir uns jetzt einen guten Dialog mit der Politik“, sagt die Vorsitzende des Hartmann-Vorstands. Der Grüne Grath trifft sie auf Augenhöhe: „Hartmann hat ja bewiesen, dass viel möglich ist, wenn man es will, Kontakte mobilisiert und couragiert in die Umsetzung geht.“ Konkret: Die Paul Hartmann AG will auf vielen statisch dafür geeigneten Dächern in Europa Photovoltaikanlagen installieren.

Aber die VDE-Zertifizierung bei größeren Anlagen in Deutschland dauert trotz der aktuellen Energieknappheit über ein Jahr. Überlastete bürokratische Systeme bremsen den Unternehmergeist , Dinge – in diesem Fall die plötzlich nicht mehr selbstverständliche Energieversorgung – selbst in die Hand zu nehmen. 

Noch dringender brauche Britta Fünfstück allerdings die Zusicherung der Priorisierung von Gaslieferungen für die nächsten Monate: „Bis wir durch unsere Investitionen weitestgehen unabhängig von russischem Gas werden, brauchen wir die Zusicherung vom Staat, dass wir zuverlässig Energie erhalten“, fordert die Vorstandsvorsitzende der Medizinproduktfirma. „Wir versorgen Krankenhäuser. Allein deshalb haben wir uns früh um die Unabhängigkeit von russischem Gas gekümmert. Und wenn Krankenhäuser geschützt werden sollen, dann muss auch die ganze Lieferkette dahinter zuverlässig funktionieren. Ohne Material zur Wundversorgung wird es keine Operationen geben.“